Lebenslichter
Vorwort
(für die Leute, die das Buch
von hinten anfangen zu lesen,
steht es hinten noch mal.)
Licht zum Leben
kann uns nur die Sonne geben.
Licht ins Leben
kann uns auch ein anderer geben.
Gäbe es die Sonne nicht,
gäb´es keinen Schatten.
Hätten wir die Freundschaft nicht,
fehlte uns
ein
Lebenslicht
***
Alle Jahre immer wieder
steigen vier Jahreszeiten auf uns nieder.
Doch seit 2000 und immer mehr
unterscheiden sie sich nicht mehr sehr.
So kalt war’s im August noch nie,
dass man heizen muss mit Energie.
Die Energielieferanten werden immer fetter,
weil sie Höchstrendite machen bei diesem Wetter.
Die Kosten wurden schon längst ins Astronomische erhöht,
die Ausgebeuteten fühlen sich in Decken ganz schön blöd.
Doch was soll’s? Hauptsache die Rendite liegt bei über 100 Prozent!
Dann man auch nicht die Sorgen und Nöte der Bevölkerung kennt.
Irgendwann wird’s jeder wissen
auf dem letzten Ruhekissen:
Manche kriegen den Hals dann erst voll genug,
wenn Erde heraus kommt, und es aus ist mit Lug und Trug.
Also weiterhin ein frohes Ausbeuten
mit euren faulen Tricks an wehrlosen Leuten.
Bald zur Vergangenheit
Stolz steht er im Walde, der riesige Baum.
Man beachtet ihn leider heute kaum.
Schon viele Lebensjahre zählt er heut’.
Sein Stamm ist rissig und unheimlich breit.
Die Äste sind umfangreich, und auch nicht ganz ohne.
Ganz oben trägt er eine prachtvolle Krone.
Er hat schon viele Generationen überstanden,
die sich in seinem Schatten fanden.
Vielen hat er im Leben schon Schutz gebracht.
Unter ihm hat schon mancher sein Schläfchen gemacht.
Sein Nachwuchs kommt immer noch spärlich aus dem Boden.
Bald wird er erleben, dass die Menschen ihn roden.
Den Menschen bedeuten Bäume nicht viel.
Dafür haben sie leider wenig Gefühl.
Man braucht den Platz für andere Sachen
und schickt sich an, alles kaputt zu machen.
Sein Nachbar ist auch alt, aber sehr klein.
Vor Jahren schlug da der Blitz hinein.
Um ihn herum ist alles leer,
die satte Bewaldung gibt’s lange nicht mehr.
Crying tree from Sabine Grimm
Bäume werden bald zur Vergangenheit gehören,
weil man’s versteht, alles zu zerstören.
Dann gibt es nur noch Steine und Geroll.
Gerade das finden viele Menschen toll.
Sie war eine Schönheit
Ganz traurig sind sie, die schönen Tannen
vom Berg der Vierten Schonung.
Sie werden aus dem Boden gesägt
und kommen in eine Wohnung.
Auch die schönste Tanne musste geh’n,
mit wunderschönen Formen.
Um sie war es sofort gescheh’n,
denn sie hatte alle Normen.
Sie hatte ganz besonderes Glück.
Das musste sie gestehen.
Sie kam in eine Villa mit Fensterblick
und konnte sehr weit sehen.
Sie wusste nicht, warum das so war,
warum riss man sie aus ihrem Leben?
Eines jedoch war ihr klar,
es muss noch etwas anderes geben.
Zu Weihnachten war es dann soweit.
Sie begann sich zu verändern.
Schmuck sollte sie zieren, lang und breit,
mit Kugeln und glänzenden Bändern.
Sie war eine Schönheit, an diesem göttlichen Fest,
in diesen prächtigen Räumen.
Leuchtende Kerzen wurden an ihre Zweige gesteckt,
und sie fing an zu träumen.
Musik erklang, Kinder sangen,
und Fröhlichkeit drang aus den Zimmern.
Eines war sicher, in der Heiligen Nacht,
hatte sie keinen Grund zu wimmern.
Ein paar Tage blieb sie noch
an ihrem Platze stehen.
Dann wurde sie herzlos abgeräumt
und konnte wieder gehen.
Jetzt liegt sie auf dem Abfallberg,
denn Weihnachten ist vorüber.
Alle Tannen vom Schonungsberg
sieht sie auf einmal wieder.
Da liegen sie nun, gestapelt zuhauf,
was hat das für einen Sinn?
Zu Ostern geh’n sie in Flammen auf,
und alles ist dahin.
Im Preußenhafen
…steht ein Kran
der lockt Leut´ und Tiere an.
Im Dunkeln sogar sieht man ihn,
er strahlt nach allen Seiten hin.
Schon viele Jahre steht er dort,
der „Mohrkran“ hier an diesem Ort.
Enten, Gänse, Schwäne ihre Bahnen zieh´n,
während faule Studenten vor der Arbeit flieh´n.
(Wegweiser: Spruchreif: Von ewigen Studenten und anderen Faulpelzen).
In des Kranes Schatten steh´n,
den wir als Wahrzeichen seh´n,
konnten viele schon an heißen Tagen,
um die Hitze zu ertragen.
Als man ihn abreißen wollte,
kämpften um ihn seine Fans,
weil er erhalten werden sollte
für die Nachkommen unserer Clans.
Er hat den Kampf für sich gewonnen,
als Zeuge der Vergangenheit.
Viel Zeit ist mit ihm schon zerronnen,
lässt man ihn,
steht er noch eine Ewigkeit…
Die Schiffer ziehen an ihm vorbei,
erkennen ihn auch in der Nacht.
wenn seine Beleuchtung ihn
im Dunkel zum Wegweiser macht.
Der Wonneproppen
Endlich ist er da, der Wonneproppen.
Die stolzen Eltern sind durch nichts mehr zu stoppen.
Gestern strampelte er noch lustig in Mammis Bauch.
Strampeln, das kann er jetzt aber auch.
Nur jetzt kann man auch die Beinchen seh’n.
„Ach, Gott, was ist unser Baby schön!
Wem sieht es denn ähnlich“, fragt man sich stolz.
„Natürlich uns beiden, es stammt doch aus unserer beider Holz.“
Es ist zwar ein Baby, das aussieht, wie viele in Europa.
Man entdeckt sogar etwas Ähnlichkeit mit Opa.
„Ach, seht nur, wie es krähen und lachen kann,
es zieht gleich jeden in seinen Bann.“
Es wird gehätschelt, gepäppelt und zu heiß geliebt,
was bei Babys kein gutes Beispiel gibt.
Am wohlsten fühlt es sich an Mammis Brust, beim Stillen.
Und es zeigt bald schon den eigenen Willen.
Der Wonneproppen wird größer und bleibt auch schön.
Es ist eine Freude, mit anzuseh’n,
wie die Entwicklung weitergeht,
und er plötzlich als Bub neben den Eltern steht.
Noch immer sind sie voller Stolz.
Er ist unumstritten aus eigenem Holz.
Die Boutiquen werden gestürmt. „Es wär’ doch gelacht,
wenn unser Sohn keinen guten Eindruck macht.“
Die Eltern entdecken jeden Tag mehr als genug.
„Unser Sohn ist nicht nur schön, sondern auch klug!“
Jetzt wird sehr fleißig investiert,
und er wird mit Macht an die Bildung geführt.
Er konnte sich gar nicht dagegen wehren.
Bei den stolzen Eltern kam er auch ohne Leistung zu Ehren.
Aber die Zeit läuft. Der Wonneproppen wird älter.
Die heiße Liebe wird langsam kälter.
Er macht immer nur das, was er selber will,
und die Eltern schweigen dazu still.
Sie werden alles akzeptieren,
schließlich wollen sie sich doch nicht blamieren.
Der Wonneproppen entwickelt sich zu einem Mann
mit vielen Fehlern, Flecken und Rändern.
Man tut zwar alles, was man kann,
kann aber leider nichts mehr ändern.
Heute fragen die Eltern sich oft,
und gar nicht mehr so stolz.
„Wir hatten uns von ihm so vieles erhofft.
Ist er überhaupt aus unserem Holz?“