Die Stimmen entfernten sich in Richtung Strand. Schlicki drückte schnell noch einmal
Schlick ab und rutschte wieder zurück nach unten in seine Röhre. Er wollte keine
schlimmen Geschichten mehr anhören, sondern sich sicher fühlen und von seiner
Liebsten träumen.
Er schloss die Äugelein und träumte:
Ihm war, dass er immer größer und größer wurde und schließlich in Größe XXL über
dem Schlick stand. Erstaunt blickte er sich um, und stand direkt dem Wattführer
gegenüber.
Super geschickt fragte er ihn gleich: „Sag mal, du bist doch so ein schlauer Wattführer.
Kannst du mir sagen, wie ich meine Angebetete davon überzeugen kann, dass ich der
Richtige für sie bin?“
Da antwortete ihm Wattführer Grimm:
„Du musst nur hartnäckig bleiben.- Bleib dran Junge!“
Schlicki war über alle Maßen glücklich: „ Danke,
„alter Grimm“, für den guten Rat. Ich will mein Bestes geben,
dran bleiben und nicht aufgeben.“
Als Schlicki aufwachte, war er auf sonderbare Weise glücklich.
Hannes ließ sich indessen von der wachsenden Flut in Richtung Wattkante treiben.
Er musste sich kräftig im Holz festhalten, denn die Wellen wurden immer höher und die
Strömung immer stärker. Ohne es zu ahnen, wurde er statt zur Wattkante in die offene
Nordsee getrieben.
Als er es merkte, war seine Angst grenzenlos, und er wäre gern zu Schlicki
zurückgekehrt. Aber das Holzstück war nicht mehr aufzuhalten. Es düste wie eine
Rakete immer weiter und weiter. Es gruselte Hannes und er schloss die Augen. Doch
wurde seine Angst dadurch nicht geringer, und sein Problem blieb leider bestehen. Also
öffnete er die Augen wieder. Er wusste, er konnte sich entweder mit seinem Schicksal
abfinden und leiden, oder auf der Hut sein und auf äußere Einflüsse gefasst sein, um so
gut und so schnell wie möglich zu reagieren.
Das Wasser wurde zusehends kälter, je weiter Hannes mit seinem Holzstück in die
Fremde abgetrieben wurde. Es klatschte ihm in die Augen und war so trübe, dass er
kaum noch etwas sehen konnte. Er hatte den Ruf, ein „Pirat der Meere“ zu sein, da er
es immer verstanden hatte, sich mutiger zu zeigen, als er eigentlich war, doch nun saß
er zwar auf seinem Holzstück, wie ein Pirat auf seiner Jolle, doch wie ein Pirat kam er
sich wirklich nicht vor, eher wie ein armes kleines Würstchen.
Plötzlich gab es einen heftigen Stoß. Hannes ängstigte sich. Was war bloß geschehen?
Er spähte vorsichtig aus seiner Holzröhre und entdeckte ein Schiff mit Besatzung, das
im Augenblick an ihm vorbeikam. Es verursachte enorm hohe Wellen.
„Hilfe, Piraten! Lieber Gott, verlass mich nicht – ich verlass’ dich auch nicht!“ rief
Hannes und wünschte sich ganz weit weg von diesem Ort.
Da kam auch schon die nächste Welle, und mit ihrem Druck schleuderte sie das
Holzstück mit Hannes gegen die Bordwand des Schiffes. Hannes war ganz benommen.
Als er wieder zu sich kam, bemerkte er einen Matrosen, der sich mit wilden
Bewegungen über die Bordwand beugte. Er hielt einen Strick in der Hand, an dessen
unterem Ende der Henkel eines Eimers befestigt war. Der Mann holte mit dem Arm
kräftig aus, schwenkte den Eimer hin und her und ließ ihn mit einem Ruck ins Wasser
fallen. Den mit Wasser gefüllten Eimer zog er dann mit dem Strick wieder nach oben
über die Reling.
Dann kippte der Matrose das Wasser auf das Deck des Schiffes, um gleich darauf den
leeren Eimer wieder ins Wasser zu lassen. Während Hannes den Mann beobachtete
und überlegte, ob dieser wohl ein sehr gefährlicher oder nur ein halb gefährlicher Pirat
sei, merkte er gar nicht, in welch großer Gefahr er sich befand.
Und da geschah es auch schon! Plötzlich und unerwartet wurde Hannes, mit seinem
Holzstück - es machte einen lauten „Blubb“ - in den Eimer gezogen. Huh, wie es
Hannes gruselte. Was würde nun mit seinem Holzstück, das ja auch seine Wohnung
war, geschehen? Ehe Hannes einen klaren Gedanken fassen konnte, machte es laut
„Klatsch“ und der Eimer mit Hannes und seiner Behausung wurde auf Deck
umgekippt.
Das Wasser verbreitete sich auf dem Schiffsdeck und beförderte das
Holzstück unter eine aufgerollte Plane. Hannes wurde unsanft aus seiner
Röhre geschleudert.